Breakbeat Magazine, Germany, #18/2001


red / silver, 1996Was bewegt einen Menschen dazu, die Dose zu nehmen und seinen Namen, den er sich selbst gegeben oder von jemanden bekommen hat, überall bekannt zu machen? Geht es immer nur um Ruhm und Ehre oder versteckt sich doch mehr dahinter? Kann es sein, dass man einfach seine Lebenserfüllung darin finden kann oder ist es möglich, dass sogar nur ein einziges Bild ein Leben verändern kann? Hier ein Interview, welches diese Fragen vielleicht beantworten kann.

Breakbeat: Natürlich kommt jetzt die erste Standardfrage ... Wie bist du zu Graffiti gekommen?

Neck: Das ist eine bestimmt schon tausendmal erzählte Geschichte, aber so war das eben. Ich glaube es war im Sommer 1989, als ich in München (Neuperlach) noch zur Schule ging. Eines schönen Sommertages erzählte mir ein Freund von einer Wand, auf der ein wirklich krasses Graffiti war. Nach der Schule bin ich gleich dahin gefahren und war einfach davon fasziniert. Die Wand war von CHIP, ROMAN, CEMNOZ, TECHNO, NEON. Den ganzen Sommer lang bin ich immer wieder täglich an diese Wand gefahren, nur um sie anzuschauen. Dann habe ich mich auf die Suche gemacht nach weiteren Stellen, an denen Graffiti zu finden war. Ich wurde fündig und habe den Writern bei der Arbeit zugesehen und angefangen, meine ersten eigenen Skizzen zu machen. Täglich habe ich dann vor irgendwelchen Hall of Fames gestanden und regelrecht alles verschlungen, was mit Graffiti zu tun hatte. Bei meinen ersten Gehversuchen mit der Dose habe ich mich nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert, aber jeder fängt mal klein an. Mein erstes richtiges Bild habe ich dann im Winter gemalt und seitdem bin ich davon nicht mehr weggekommen.

Breakbeat: Warum der Name NECK, gibt es eine Geschichte dazu?

Neck: Der Kunstlehrer meiner Schule hat mir damals den Fahrradkeller zur Verfügung gestellt. Ich war hellauf begeistert und habe mich auch gleich an die Arbeit gemacht. Aber in der Schule wußte dann jeder, dass ich das war und ich mußte mir so schnell wie möglich einen neuen Namen ausdenken. So habe ich mir die Buchstaben ausgesucht, die mir damals gut gefallen haben.

Breakbeat: Gab es einen Sprüher, der dich besonders beeinflußt hat?

Neck: Damals habe ich das noch nicht so genau verfolgt, wer was wie malt. Ich habe mir all die Writer angeschaut und all das in mich aufgesaugt. Es hat mich einfach alles fasziniert, was da entstanden ist. Ich habe keine Styles unterschieden oder extra nach den Namen geschaut. Wer aber rückblickend vielleicht am meisten Einfluß auf mich hatte, war wohl CHIP. Denn in der Nähe meiner Wohnung gab es drei verschiedene Unterführungen. Die Wände dort wurden von der Stadt freigegeben und eine davon hatte er sich so mehr oder weniger als private Hall of Fame genommen. Da waren so etwa 10 oder 12 Pieces von ihm. Da es gleich um die Ecke war, bin ich oft hingegangen und konnte für meine ersten Schritte viel lernen.

Breakbeat: Also war es gleich Graffiti, was dich dazu gebracht hat?

Neck: Nein, am Anfang habe ich wie alle anderen erst einmal nur Hip Hop Musik gehört. Ich hatte eben nicht das große Gesamtbild von Hip Hop, dass dies nicht nur die Musik ist, sondern auch noch mehr. Als ich dann endlich auf Graffiti gestoßen bin, war mir das nicht gleich im ersten Moment klar, dass ich hier nun eine zweite Tür davon aufgestofien hatte. Ich bin eher zufällig über Graffiti gestolpert.

Breakbeat: Jetzt wohnst du ja in Düsseldorf und das Rheinland war ja früher bekannt für die Bombs und die Trains, ist davon immer noch etwas da?

Neck: Mit der Düsseldorfer Geschichte kenne ich mich nicht so gut aus. Ich bin Ende '95 hier her gezogen und habe am Anfang schon einige Namen öfters gelesen und mir auch all die Sachen hier angeschaut. Den ersten richtigen Kontakt habe ich erst auf einem kleinen Jam knüpfen können. Da habe ich MERIC kennen gelernt, der damals noch das "Stylewars" -Mag führte. Dadurch kannte er viele Leute und so konnte ich mich hier in Düsseldorf besser einleben.

Breakbeat: Was ist deiner Meinung nach Style?

Neck: Ja, was ist Style? Das ist schwierig zu erklären. Vielleicht die Ausdrucksform deiner selbst oder die Quintessenz von all dem, was du selbst gut findest und irgendwie verarbeitest. Du greifst dir überall das ab, was dir selbst wichtig ist und machst daraus den eigenes Ding. Es ist nicht immer nur ein Graffiti was dich inspiriert, es kann auch ein Film, Reklame oder ein Foto sein. Unterbewußt fließen dann solche Eindrücke beim Malen automatisch mit ein und man entwickelt sich weiter.

Emmenbrücke, 1997Breakbeat: Was macht deinen Style besonders und wie hebt er sich von den anderen ab?

Neck: Ich würde sagen, er ist recht einfach gehalten, mit 3-D Elementen und meines Erachtens nach eher ein bisschen zurückhaltend. Manchmal hab ich auch das Gefühl, dass meine Bilder nicht unbedingt so extrem herausstechen, zwischen 30 anderen Bildern an einer Hall. Vielleicht ist es auch eher eine Sache für den zweiten Blick oder einfach zu subtil. Ob er sich nun von den anderen abhebt weiß ich nicht, ich denke dass die Leute, die den zweiten Blick auf meine Bilder machen, mehr darin finden als vorher. Er ist nicht gerade wild oder mit vielen Farben gemalt.

Breakbeat: Was inspiriert dich zu deinen Bildern?

Neck: Viel zu viel, da kann man sich eigentlich nicht festlegen. Manchmal da male ich einfach und plötzlich fällt mir etwas ein und ich weiß dann nicht, woher dieser Gedanke kommt. Ich experimentiere auch viel und habe letztens ein Bild gemalt, wo der gesamte Style nur aus kleinen Luftbläschen besteht. Es sieht aus wie die aufsteigende Kohlensäure in einer Flasche. Viele Leute kamen dann vorbei und meinten, wie schön doch diese kleinen Luftbläschen aussehen, aber dass sich dahinter ein Style versteckt, haben viele nicht gesehen. Vor kurzem habe ich auch wieder etwas anderes Interessantes entdeckt. Kennst du diese Schnittmuster für Klamotten? Da sind auch tausende Linien und nur wenn du die rote verfolgst kannst du erkennen, was es werden soll.

Breakbeat: Klingt alles recht künstlerisch und abstrakt!

Neck: Ja das stimmt! Als ich zum Graffiti kam, hatte ich noch keine richtige Ahnung, was ich aus meinem Leben machen soll. Die Schule ging zu Ende und ich habe meinen Zivildienst begonnen. Währenddessen hatte ich viel Zeit darüber nachzudenken, was ich wirklich will. Ich hatte dann festgestellt, dass das Malen eigentlich das Einzige ist, was mir wirklich Spaß macht und ich mich damit stundenlang beschäftigen kann. Mir wurde klar, dass ich das ausbauen sollte und habe angefangen, Grafikdesign zu studieren. Langsam aber merke ich, wie diese ganzen Grafiksachen sich in meinen Bildern widerspiegeln und meine Art des Graffiti beeinflussen. Es wird vielleicht nicht künstlerischer, eher grafischer und geht mehr in meinen Arbeitsbereich als Designer hinein. Wobei die Frage, ob ich dann noch real oder unreal bin, erübrigt. Denn real ist, wenn du das machst, worauf du Lust hast und so lange ich zufrieden bin, ist meine Welt in Ordnung.

Breakbeat: Was macht Graffiti für dich aus, ist es das Bomben und die Trains oder die legalen Wände, wo man mit viel Zeit seinen Style zeigen kann?

Neck: Für mich ist das Bomben oder Trains malen für Graffiti wichtig. Ich habe auch meine eigenen Gehversuche gemacht, aber irgendwie sollte es nicht sein. Für mich ist es wichtiger, ich habe meine Zeit für ein Bild, so lange bis es mir selbst gefällt. Meistens geht man ein Stück zurück, schaut es sich an und wenn was nicht stimmt, wird so lange daran gearbeitet bis es passt. Aber im allgemeinen könnte das Bomben ohne das Legale überleben, aber andersherum hat das legale Graffiti dann doch gar keine Daseinsberechtigung. So hätten auch ganz normale Künstler den Pinsel in die Ecke stellen können und einfach die Dose nehmen. Wir malen immer noch unsere Namen und so hat es schliefilich auch angefangen. Graffiti ist für mich das komplette Programm, bomben, Züge, Walls usw.!

Breakbeat: Glaubst du, dass bestimmte Städte (Gebiete) einen bestimmten Style haben?

Flevo, 1997Neck: Es war früher einmal extremer. Ich erinnere mich, als ich nach Düsseldorf kam und mich mit dem "Stylewars" -Magazin beschäftigt habe, dass ab und zu Specials über bestimmte Städte brachte, konnte man für einige Regionen schon so etwas feststellen. Aber mittlerweile ist es doch so, wenn heute jemand anfängt zu malen, hat er bereits in den Mags schon 100 verschiedene Styles gesehen und greift sich dann nur noch das heraus, was ihm gefällt. Dabei ist es völlig unwichtig, woher das Bild stammt, ob aus den USA oder gleich um die Ecke. Früher waren die Inspirationen zum Style die Bilder deiner Umgebung und man hatte auch keine andere Möglichkeit andere Bilder zu sehen. Heut zu Tage verschwimmt viel miteinander und man kann oft nicht mehr genau sagen, woher nun dieses Bild stammt.

Breakbeat: Wird es denn noch eine Weiterentwicklung im Graffiti geben oder kopieren jetzt nur noch alle?

Neck: Schwierig, ich denke schon, dass es noch einige Sachen geben wird, auf die bis heute noch nie jemand gestoßen ist. Als ich damals Loomit oder Daim sah, war ich einfach geflasht, obwohl ich auch schon diesen 3-D Style malte. Aber Loomit zum Beispiel, hat das Ganze einfach auf ein neues Niveau gehoben. er hat einfach die Tiefe besser ausgereizt als das bisher der Fall war, so dass der Style ganz extrem nach hinten oder vorn geht. Wird es einen neuen Style geben? Ich weiß dass er kommen wird, aber ich weifi nicht, wie und in welcher Form!

Breakbeat: Was möchtest du noch erreichen?

Neck: Ich hoffe, dass ich mit meiner Sache, die mir Spaß macht, ein gutes Auskommen habe. Wobei mir da auch nur zwei Dinge einfallen, Graffiti und Design. Es wäre auch schön, wenn ich noch ein bischen rumkomme mit dem Malen und einige andere Länder oder Städte kennenlerne.

Breakbeat: Was macht ein Writer im Winter?

Neck: Nun ich denke mal frieren! (lachen) Ich habe aber letztens irgendwo gelesen, dass es der absolute Trick sein soll, dass du dir im Winter in deinen Dosenrucksack eine Wärmflasche legst. Gute Idee oder?

Breakbeat: Noch Grüße?

Neck: Grüße gehen an: ate1, efas, meric, moritz, scien, clore, seak, turna, http://www.daim.org, trol, tasek, stohead, daddy cool, http://www.reso1.de, make 51, http://www.blacksmith.de, http://www.backspin.de, romeo, juice, olee, omo, katmando, http://www.loomit.de, steve, vince, ralph, step 2 diz, kaelimetz, joker, http://www.stylzhome.de, phenc, riz, musk, boes, dno, http://www.ta55o.de, scout, csb, kasino, blitzkrieg mag, ohne, can2, http://www.graffiti.org/wow123, stuka, scum, neon, http://www.wicked.de, kez, mint, http://www.hi.is/2def, susan, brett, http://www.graffiti.org, kao, lmf, dcs, headrush, magic, nosm, how, dzine, subworld, zgbkaos, gene, chek, leon, lunar, bsea, 2fast, senk, elements mag, spoon, syan, eric, maze, atem, desur, mars, moe, modi ...und einfach mal anschauen http://www.neckcns.com und http://www.cnskillz.com!!!

This article is © 2001 by Breakbeat Magazine, Karlsruhe and O.Gelbrich / NeckCNS. Please ask permission before using this in any way.


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