elements, austria, #0 - 0798


ELEMENTS: Stellt euch doch mal vor.

Neck: Ich male seit 94 den Namen NECK in der CNS crew (checkin' nuh skillz : ATE1 EFAS MERIC MORITZ NECK SCIEN & CLORE SEAK). Ich bin gebürtiger Düsseldorfer, bin aber 1988 nach München gezogen und habe 89 angefangen zu malen. Im Moment bin ich zwecks Studium wieder in Düsseldorf.

Moritz: Name: Moritz, Crews: CNS, DAK, Herkunft: Düsseldorf, Alter: 24

ELEMENTS: Wann und wie seid ihr zu Graffiti/HipHop gekommen?

Neck: Zuallererst habe ich Hip Hop-Musik gehört, das war für mich der Einstieg. Ans Malen habe ich am Anfang gar nicht groß gedacht denn in der Musik wurde Graffiti kaum erwehnt. Irgendwann hat mich ein Freund zu einer komplett vollen Wand mitgeschleppt, alles gute Bilder. Die hat mich so fasziniert, daß ich immer wieder dort hingefahren bin und so habe ich dann halt endlos vielen Leuten beim Malen zugeschaut. Nach und nach habe ich dann auch angefangen, eigene Skizzen zu malen und 89 malte ich dann mein erstes Bild.

Moritz: Zum Malen bin ich ca. Winter 1989/90 gekommen...Zu dieser Zeit sind mir zum ersten Mal die Tags und ersten Pieces an den Bahnlinien und in der Innenstadt (bewußt) aufgefallen. Kurz darauf habe ich dann auch zum ersten Mal eine Hall of Fame bewundert; der auslösende Moment war dann schließlich ein TV-Bericht über Graffiti . Daraufhin begann ich erste Skizzen zu malen und zu taggen; ab 1992 dann erste richtige Bilder mit Dose.

ELEMENTS: Eure Crew gibt's ja schon seit 1995. Seid ihr von Anfang an dabei gewesen, wie war die Grundbesetzung und wie habt ihr zusammengefunden....?

NECK: Schon seit 95 ist gut, mir kommt das gar nicht so lang vor. Ich bin Gründungsmitglied, zusammen mit EFAS, MERIC und MORITZ. Ich bin nach Düsseldorf gezogen und kannte keine Sau. Auf der ersten Jam, auf der ich hier war, habe ich MERIC kennengelernt und ihn wegen Wänden angehauen denn ich hatte ja keinen Plan wo man malen konnte. EFAS und MORITZ hatten damals schon mit ihm zu tun, und so haben wir dann viel zusammen gemalt, und im sommer 95 dann die Crew gegründet. MERIC kannte SCIEN und CLORE schon etwas länger, und nach einem Deutschland-Besuch waren die Beiden dann auch mit von der Partie. Als letzte sind SEAK und ATE1 dazugestoßen.

ELEMENTS: Warum findet ihr es wichtig in einer Crew zu sein? Ist sie wirklich notwendig? Was bedeutet sie für dich?

Neck: Ich weiß natürlich nicht, wie es mir gehen würde, wenn ich jetzt in keiner Crew wäre... die CNS ist meine einzige Crew, von daher hat sie natürlich einen besonderen Stellenwert. Es gibt innerhalb der Crew einen guten Zusammenhalt, auch wenn nicht immer alles eitel Harmonie ist. Außerdem kommt bei uns ja auch noch die Distanz nach Frankreich hinzu. Auch wenn sie nicht immer im Vordergrund steht, die Crew ist doch irgendwo ein gewisser Rückhalt. Natürlich kann man auch so immer mal mit Leuten malen gehen, aber mit der eigenen Crew ist es doch anders. Ob sie notwendig ist, kann ich gar nicht sagen, aber ich möchte sie sicher nicht missen. Ich denke auch, je mehr Crews man representet, desto mehr ist die Luft raus. Die Hauptcrew ist halt das Wichtigste, was danach dazu kommt, kann denselben Stellenwert gar nicht mehr erreichen. Ich kann nicht sagen, die Crew ist meine Familie oder mein Leben, aber ich bin doch Stolz und Froh darauf, daß sie so existiert.

ELEMENTS: Deine Bilder sind sehr ausgereift und unkonventionell und du malst eigentlich ziemlich konstant deinen Space-3D-Style. Würdest du sagen, dass du deinen Style gefunden hast? Warum kehrst du trotzdem immer wieder auch mal in die 2. Dimension zurück?

Neck: Der Style in seiner jetzigen From gefällt mir sehr gut, in meinen Augen perfekt gelungen (wie ich ihn wollte) aber ob ich 'meinen' Style damit gefunden habe... ich trete im Moment einfach ein bisschen auf der Stelle. Manchmal habe ich darauf dann einfach keinen Bock mehr, und male sogar wieder mal nen 2D Style. Damit habe ich angefangen, doch irgendwann wußte ich mit 2Ds nicht mehr weiter und habe angefangen, erstmal die 3Ds auszubauen. Wer weiß, vielleicht male ich das nächste Jahr lang wieder nur 2Ds... glaube ich aber fast nicht. Inspirieren tut mich eigentlich alles um mich herum, Fernsehen Werbung, Bücher, Fotos, die Uni, jeder Scheiß eigentlich. Irgendwo fällt mir immer was ins Auge, wo man was draus machen könnte. Oft genug schleppe ich die Idee 3 Wochen mit mir rum und komme nicht dazu, sie zu malen, und dann habe ich sie irgendwann wieder vergessen. Ich bin kein fleissiger Skizzenzeichner.... meine Vorbilder, naja, es gibt halt nicht wirklich jemanden, wo ich denke, so willst ich sein. Als ich angefangen habe, da haben mich die ganzen Münchner tierisch beeindruckt, das waren so meine Vorbilder. Von außerhalb Münchens habe ich gar nichts groß mitbekommen. Unter den ersten Malern, die ich live gesehen habe, waren halt LOOMIT, SCOUT,.... was weiß ich. Ich dachte, das wäre in jeder Stadt so kraß. Mittlerweile hat sich das gelegt, und richtige Vorbilder in dem Sinne habe ich nicht mehr. Aber einige Sachen haben mich doch noch sehr beeindruckt. Die Blackbooks von TOAST zum Beispiel. Danach hast du keinen Bock mehr zu malen, so geil wirst du halt nie. Aber Character sind zum Glück nicht mein Hauptfach, und ne Woche später gehts dann wieder :) Style-mäßig hat mich das 3D Style extreme von PAZE in München umgehauen (), JEPSY, DAIM und MATE beeindrucken mich immer wieder, SCOUTstyles.... mir fällt hier immer mehr ein, ich hör einfach mal auf, das findet sonst kein Ende.

ELEMENTS zu Moritz: du malst eigentlich ziemlich konstant deinen ill-Style. Würdest du sagen, daß du deinen Style gefunden hast?

Moritz: Meinen Style gefunden...ja und nein. Man hat irgendwann halt eine bestimmte Linie, aber ich für meinen Teil versuche immer wieder dieser Linie eine neue Richtung zu geben; teilweise um 180ƒ und manchmal landet man dann halt auch schon mal in einer Sackgasse. Ich versuche kreativ zu bleiben und mir etwas neues einfallen zu lassen. Dem ganzen neue Aspekte hinzuzufügen...seinen Style zu erweitern und zu einem komplexen System auszubauen; dabei bin ich vielleicht gerade erst in den ersten Verzweigungen angelangt. Darüberhinaus bedeutet Style für mich nicht nur ein bestimmtes Ding zu machen und das durchzuziehen, sei es jetzt z.B. Wildstyle, 3D-Styles oder so. Das würde mich nach einiger Zeit einfach nur noch langweilen. Style heißt forschen, experimentieren und das was einem gefällt zu nehmen und dem dann seine Handschrift, -den eigenen Style- zu geben. Deshalb male ich auch dann und wann Characters, 3D-Styles, mehr technical Styles oder halt einfach ill. Maler, die dem Begriff Style neue Impulse geben, finde ich persönlich am interessantesten und Leute die ihr eigenes Ding durchziehen, sei es noch so 'away from the ordinary' respektiere ich es.

ELEMENTS: Was bedeutet für euch und wie wichtig ist euch FAME ?

Neck: Es ist schön, wenn man ihn hat, aber ich denke, er sollte ne Begleiterscheinung sein. Fame soll nicht zum zentralen Motiv des Malens werden. Wenn du um des Malens Willen malst, und viel und gut und ausdauernd malst, dann bekommst du den Fame von selbst. Wenn du nur nen Sommer lang den Toy gibst, dann halt nicht. Ich selber bin mir nicht so sehr bewußt, Fame zu haben. Wie gesagt, es sollte ne Nebensache sein, die sich entweder einstellt oder auch nicht. Wenn ja, dann schön, wenn nicht, eben nicht.

Moritz: Fame-tja, eigentlich eines der Hauptanliegen warum man malt, oder? Ich für meinen Teil male aber in erster Linie wegen des Spaßes, der Möglichkeit mit guten Freunden zusammen zu sein und kreativ zu sein. Fame zu bekommen ist dabei ein netter Nebeneffekt. Natürlich ist es schön Respekt von anderen für seine Arbeit zu bekommen, denn das ist ja auch eine Bestätigung für sich selbst und spornt einen an weiter zu machen. Allerdings ist Fame meiner Meinung nach sowieso eine Sache, die man nicht selber bestimmen kann bzw. sollte...man ihn sich erst einmal verdienen. Und eines Tages kommt der Fame einfach ganz von alle.

ELEMENTS: Wie steht ihr zu HipHop im Allgemeinen. Seid ihr auch noch in einem anderen Elements aktiv oder hast es verucht? Ist es wichtig, dass die Elemente vereint bleiben und sind sie es überhaupt noch? Gleichen wir uns schön langsam an die US-Kultur an, wo Hip Hop beinahe mit Rap und Markenkleidung gleichgesetzt wird ?...

Neck: Hip Hop ist für mich definitiv das ganze Paket. Der Weg, den Amerika gegangen ist, bleibt uns hoffentlich erspart. Das Erlebnis einer richtigen Jam, mit Malern, Breakern, Freestyle an ner Hall of Fame und guter Musik.... unvergleichlich und nicht zu ersetzen. Die Stylewars Jam 95 in Köln war so, oder Heidelberg 97 war auch richtig geil. Die 4 Elemente sind für mich eine wichtige Einheit, gehören einfach untrennbar zusammen. Natürlich gibts auch Einzelveranstaltungen, kein Thema, aber Grundsätzlich ist das für mich eine Einheit, eben eine Kultur. Das sind alles Roots, da kann ich doch nicht einfach eine von vergessen oder so. Ich habe zwar zwei 1210er und lege für mich zum Spaß ma gernl ein paar Platten auf, aber große Skills habe ich dabei keine. Außerdem habe ich damals mal ein paar Beats auf dem Amiga gemacht (wer nicht), aber naja... ich hatte mir immer vorgenommen, das auf dem neuen Computer mal besser aufzuziehen, aber irgendwie hats bis jetzt noch nicht dazu gereicht. Hip Hop und Markenkleidung ist für mich so ne Sache... vor langer Zeit lief im Fernsehen mal ne Folge zum Thema HipHop und irgendwer hat da gesagt, der Writer trägt was Dunkles, damit er Nachts nicht auffällt, Klamotten, bei denen es nix ausmacht, wenn sie Farbe abbekommen; und ein Breaker wird eher Sachen anziehen, die auch mal verschleissen können. Also warum brauchst du dann ne Daunenjacke mit reflektierendem Helly Hansen Aufdruck? Welcher Breaker geht mit nem Tommy Hilfiger Pulli für 300 Mark breaken? Das ist nur Ausverkauf. Nix gegen die Klamotten, sind schon cool, aber bloß weil du sie anhast, hast du noch nix mit Hip Hop zu tun. Das glauben aber offenbar viele Kids. Und umgekehrt, bloß weil du sie nicht anhast, heißt das nicht, daß du ein Toy bist. Das ist kein Teil einer Kultur, das ist nur gutes Marketing. Hip Hop ist in deinem Inneren, und basta.

Moritz: Hip Hop bedeutet für mich schon Rap (Djing, Mcing), Graffiti und Breakdance, aber es müssen nicht immer zwingend alle Elemente vereint sein. Der Versuch Hip Hop immer als Ganzes zu zeigen, wie es auf den meisten Jams angestrebt wird, kann nämlich auch scheitern. Dann ist es für den Besucher immer dasselbe Spiel und langweilt einen irgendwann. Man kann doch auch einfach nur mal zu einem Konzert gehen, in einem Club jemandem beim breaken zusehen oder nur für sich malen gehen...all das ist für mich auch Hip Hop, Wichtig ist das die Seele dabei ist. Das ist ein Punkt der bei der aktuellen popularen US-Hip Hop- Kultur sicher nicht mehr vorhanden ist, hier geht es nur um Business (Poprap, Streetwear etc.). Aber das ist eine Sache für sich und da kann man ewig diskutieren, von wegen Sellout und so.
Hip Hop wie ich ihn verstehe ist und bleibt für mich allerdings Rap, Breakdance und Graffiti.

ELEMENTS: Ihr habt ja ein Mädl in Eurer Crew (KLOR), die ja vielen ihrer männlichen Mitstreiter um nichts nachsteht. Trotzdem ist das ja eine Rarität. Wie beurteilt ihr die Rolle der Frau im Hip Hop? Wie ist es dazu gekommen?

Neck: Ich habe nie Probleme gehabt mit Frauen im Hip Hop, Ich habe nur viel zu wenige kennengelernt, die nicht nur die Freundin von irgendwem Aktiven waren, sondern selber was auf die Beine gestellt haben. Hip Hop ist so diese Männerwelt mit den typischen Macho-schemen: Entweder die süsse kleine Freundin oder die Bitch. Den Leuten fällt es wohl schwer, zu akzeptieren, dass diese Frau da dich gerade geburnt hat. Egal ob sie malt oder breakt oder sonstwas, die kann doch nicht besser sein? Ist doch nur ne Frau! So kommts mir manchmal vor. Allerdings: bloß weil eine Frau jetzt malt, bekommt sie zwar Respekt von mir, aber wenn sie Scheisse malt, muß ich ihr das auch sagen können, ohne zu hören zu bekommen ich disse sie nur, weil sie ne Frau ist und ich damit nicht klarkomme. Frag mich nicht wie es dazu gekommen ist.

Moritz: Ich finde, daß jeder -egal welchen Geschlechtes- das machen sollen, darf, was er/sie möchte (Anarchie!). Ob er/sie in irgendeinem Element aktiv ist oder das ganze auch nur passiv erfahren will, sollte einem nicht durch die allgemeine Meinung erlaubt bzw. verboten werden. Und wenn dann auch Mädchen malen, dann gibt es für mich bitte auch in der Beurteilung der Qualität keine Unterschiede. Wenn sie schlecht malt, dann sollte man das auch so sagen und das ganze nicht mit irgendwelchen Argumenten, wie "...ist doch ein Mädchen" entschuldigen (andersherum gilt das natürlich auch). Jede/r hat da sein Schicksal selbst in der Hand und alle sollten ein wenig mehr Toleranz an den Tag legen.

ELEMENTS: Du malst ja auch mit Acryl-Farben und auf Leinwand. Hast du auch noch andere Werkzeuge verwendet und wie sehen deine Erfahrungen damit aus. Sprechen solche Arbeiten auch HipHop-Laien eher an? Findest du überhaupt, dass sich Graffiti ein wenig von der Dose ablösen sollte?

Neck: Ich habe jetzt vor 3 Monaten das erste Mal mit Acrylfarbe gearbeitet, einfach weil sie billig war und ich das mal ausprobieren wollte. Man kann damit ganz coole Ergebnisse erzielen, super softe Fadings, aber es ist halt auch Arbeit. Mit der Dose kann ich viel einfacher und lockerer malen, aber jetzt für den Winter bin ich ganz froh auch mal im Warmen malen zu können :) ob ein Style jetzt mit Dose auf Wand/Zug oder auf Leinwand gemalt ist, macht für den Hip-Hop-Laien glaube ich kaum einen Unterschied. Entweder er mag bzw. versteht den Style oder nicht. Ich finde Graffiti kann sich gar nicht von der Dose ablösen, die Dose ist die Essenz der Sache. Wenn es die Dose nicht mehr gibt, kannst du auch keine anderen Techniken mehr malen. Ohne die Dose ist es kein Graffiti mehr. Allerdings halte ich es für legitim, alle Möglichkeiten, die sich dir bieten, auzunützen. Schliesslich geht es doch darum, den Leuten deinen Style zu zeigen, und je mehr und verschiedene Wege du dafür gehst, desto besser.

Moritz: Also, ich male ab und zu auch Leinwände und dabei benutze ich nicht nur Dosen, sondern teilweise auch Acrylfarben u.a.. Hier kann man experimentieren und Sachen umsetzen, die man so vielleicht nicht an einer Wand bringen kann. Das Ganze ist dann aber doch eher artsy-fartsy, d.h. es ist für mich Kunst im klassischen Sinne und nicht mehr pure Graff. So etwas spricht natürlich ein ganz anderes Publikum an und das finde ich dabei sehr interessant, denn es bringt Graffiti Leuten nahe, die sich ansonsten eher nicht dafür begeistern können. Aber so kann man dann eventuel auch ihr Interesse für richtiges Graffiti wecken. Auch die Arbeit am Computer oder mit anderen Medien kann das Verhältnis von Leuten, die sonst eher negativ dem Hip Hop gegenüberstehen, verändern und Berührungsängste abbauen. Allerdings würde ich es als Arbeit mit Orientierung in Richtung Graffiti bezeichnen, denn richtiges Writing ist das ja nicht mehr. Graffiti ganz ohne Dose kann ich mir aber gar nicht vorstellen; außerdem wie soll das denn überhaupt in der Realität funktionieren (Graffiti per Telepathie)?!

ELEMENTS: Möchtest Du von Graffiti eines Tages Leben können?

Moritz: Graffiti ist ein Teil meines Lebens, es macht mir Spaß und wird mich wahrscheinlich noch lange begleiten, aber das Ganze zum Beruf zu machen, sprich davon zu leben ist nicht mein Ziel. Es ist schön hin und wieder einen Auftrag zu malen und zu sehen, dass diese Kunst auch Leute der breiten Masse anspricht, aber um davon leben zu können ist es mir einfach zu riskant. Was ist denn, wenn diese Leute morgen lieber auf irgendeine neue trendy Sache abfahren und sich keiner mehr von denen für Graffiti interessiert?

ELEMENTS: Wie stehst Du zu illegalem Graffiti und wie rechtfertigst Du Deine Meinung vor Leuten die nichts mit HipHop am Hut haben?

Neck: Es ist ein Teil der Kultur, ohne illegales Graffiti gibt es kein Graffiti. Bloß weil es illegal ist, ist es eben nicht automatisch Schmiererei. Nur weil die Leute keine Ahnung haben, was ein Tag bedeutet, geschweige denn es lesen können, tun sie es als Vandalismus ab. aber wenn Pieces Kunst sein können, dann können Tags das erst recht. Wenn man den Leuten ein bißchen erklärt, wie die Sache entstanden ist, und sie so nen Einblick haben, was ein Tag überhaupt ist, dann regen sie sich meistens schon nicht mehr so auf.

Moritz: Der Ursprung des Graffiti ist einfach das illegale Malen (Bombing, Züge malen etc.) und das zu verneinen oder schlecht zu machen, wäre wie Rap nur noch über Kopfhörer zu hören oder Breaken unter Wasser oder was weiß ich... also darüber braucht man weiter gar nicht zu diskutieren und was die ÷ffentlichkeit betrifft. Von Leute die mit Hip Hop eh nichts zu tun haben deren Meinung ist mir erst einmal vollkommen egal, denn die wissen gar nicht worum es geht. Falls aber wirklich jemand von diesen Leuten interessiert sein sollte, dann kann er sich ja darüber informieren. Wenn er es dann immer noch nicht versteht, dann sollte er vielleicht doch lieber ins Museum gehen und sich irgend eine tolle neue Kunstrichtung geben. Ein Punkt den man jedoch nicht vergessen sollte, ist wie heutzutage teilweise manche Leute abgehen. Ich meine Writer die einfach nur auf Zerstörung aus sind. Versteht mich bitte nicht falsch, aber Bombing an Häuser von Privatleuten oder regelrechtes Zerstören von Zügen, dafür fehlt auch mir manchmal das Verständnis. Gegen das System, aber nicht gegen die Einzelperson...

ELEMENTS: Malst Du oder hast Du schon mal illegal gemalt?

Neck: [...] :)

Moritz: Angefangen habe ich schon mit dem illegalen Malen (real Writer halt) und dann und wann kickt es mich auch heute noch...es ist halt ein ganz besonderer Reiz, der sich nicht genau erklären läßt,-halt einfach ein gutes Gefühl. Aber man wird ja auch älter und reifer (ha,ha) und muß auch mal vorausschauen und wenn man dann wegen Graffiti irgendwelche Strafen oder sonst irgendetwas Negatives zu befürchten hat, dann sollte man einmal darüber nachdenken, ob sich das Risiko noch lohnt. Darüberhinaus ist mir das Malen einfach viel zu sehr ans Herz gewachsen und ich will nicht wegen irgendwelchem Ärger mit den Cops aufhören müssen zu malen; dass muß ja wirklich nicht sein. Letzlich muß das aber jeder für sich selbst entscheiden...take it or leave it.

ELEMENTS: Findest Du wichtig, dass sich die Leute aus der Szene mit der Geschichte und der Old-School auseinandersetzen? Warum?

Neck: "Wise people, study history! Cause if you don't know what was, you can't understand what is, and you're ill prepared for what's to come." Wer sich im Hip Hop engagieren will, muß die Geschichte kennen. Wer die Geschichte nicht kennt, glaubt am Ende, daß der Wolf ehrlichen Underground Hip Hop macht, und ein Maler unbedingt eine neongelb reflektierende Helly Hansen Jacke braucht. und wie gehts dann weiter? Wenn der Wolf deine Roots sind, wie ist dann deine Zukunft ??? Du mußt die Oldschool nicht auf nen Thron stellen, aber du mußt sie wenigstens kennen. Dann kannst du vielleicht eher beurteilen, was echt ist und was nicht.

Moritz: Im Prinzip ist es schon wichtig, daß sich die Leute mit der Geschichte und dem Ursprung des Hip Hop auseinandersetzen und darüber Bescheid wissen sollten; wie alles begann, was dahintersteckt und das auch Wissen vermittelt wird und Erfahrungen weitergegeben werden. Das alles macht schon Sinn und kann den Leuten die Hip Hop heute für sich entedecken nur helfen und weiterbringen. Das hört sich zwar alles schwer nach Schule an, aber ein bisschen Lernen hat ja bekanntlich noch nie geschadet. Womit ich dann aber nicht klarkomme, sind die Leute die krampfhaft am Alten festhalten und diese “früher war alles besser?-Mentalität an den Tag legen. Früher war eben nicht alles besser und die Zeiten ändern sich eben. Hip Hop bedeutet doch Bewegung und Veränderungen bringen, neuen Schwung, da sollte man tolerant sein; auch diejenigen die schon länger dabei sind -denn nur so kann sich Graffiti/Hip Hop doch auch weiterentwickeln.

ELEMENTS: Was hältst Du von Auftragsarbeiten und von Leuten, die nur noch solche machen? Wo fängt Deiner Meinung nach Ausverkauf an? Würdest Du für jeden Auftraggeber malen?

Neck: Auftragsarbeiten sind absolut okay, solange du noch im Auge behältst, wofür du da malst. in erster linie finanziere ich mir damit meine Dosen, wenn ich außerdem davon leben kann, perfekt. Aber hauptsächlich ermöglicht mir der Auftrag, anderweitig Malen gehen zu können, wann ich will. Nur Aufträge zu malen kann ich mir nicht vorstellen, ich mache schließlich kein Graffiti, nur um damit Geld zu verdienen. Eher verdiene ich Geld, um malen gehen zu können. Ausverkauf..... fängt da an, wo du dich mit deinem Auftragsbild überhaupt nicht mehr identifizieren kannst. Wenn du nur dem Auftraggeber nach der Schnauze malst, ohne dein Ding da mit reinzubringen. Der Auftraggeber ist mir im Prinzip egal. Also ich hätte keine Skrupel, für Coke oder Marlboro zu malen. Kein Problem, schließlich bezahlen die dann auch im Verhältnis erheblich mehr als der Privatmann, der sein Garagentor dekoriert haben will.

ELEMENTS: Was habt ihr für einen Eindruck von der Szene in ÷sterreich?

Neck: Mein Eindruck? Ich hätte gar nicht gedacht, daß es in der Form überhaupt eine Szene gibt. Ich habe erst jetzt mitbekommen, dass es ja sogar schon ein Mag aus ÷sterreich gibt (Servus Wien). Da kann ich mir gar kein Urteil erlauben, ob ihr überhaupt hintendran seid, weil ich leider gar keine Ahnung habe, was da so abgeht.

Moritz: österreich-hmm, also ganz ehrlich da habe ich keinen Plan. Ich weiß echt nicht was in ÷sterreich Graffitimäßig passiert, ich kenne euer Land nur als Winterurlaubsort und das ist sofern es genug Schnee hat ziemlich fett...Aber wer weiß, vielleicht ändert sich das ja jetzt durch euer Magazin und dann weiß ich demnächst, was ich bisher verpasst habe; ich lass mich einfach mal überraschen.

Grüße: CNS (Efas, Neck, Meric, Seak, Ate, Scien & Klor); Yaz, Daim, Mate, Shark, Zora, Phenc/DAB, Vince/ABC, Turna, Ashe/NBA. Boes, Musk/DNO, Aldi, Skie, Slep, Nise, Magic, How & Nosm, Loomit, Bomber, Dvel. Zert, Smesh, Bez, Alone, Kilo/SIN, Task, Cane 7, Wicked, Trieb, Bahndammrockaz, Zack, Kobalt, ZGB, Kaos und alle die wir vielleicht jetzt vergessen haben.

This article is © 1998 by Elements Magazine, Austria and O.Gelbrich / NeckCNS. Please ask permission before using this in any way.


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